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Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

30. Juni 2016

Johanniskraut - Sonne für unsere Seele

Johanniskraut @thinkstockphotos
Das Johanniskraut (Hypericum perforatum) gehört zu den sogenannten „Sonnenkräutern“. Als solche werden jene Kräuter bezeichnet, die laut Volksmedizin die Heilkraft der Sonne in sich tragen und rund um die Sonnenwende zu blühen beginnen. Ob als Kranz in die Haare gebunden oder als Räucherwerk dem Feuer beigefügt: bei Sonnwendritualen darf das Johanniskraut nicht fehlen. Die Pflanze ist aber auch als „Wetterkraut“ bekannt und wird bei herannahendem Gewitter geräuchert. Ziel ist es stets das Unheil und mit ihm die Dunkelheit zu vertreiben. (vgl. Bader 2003: 104, Müller-Ebeling et al. 2011: 20, 63).

Traditionell wird das Johanniskraut ab dem 24. Juni - dem Johannitag - geerntet. Es ist also Zeit, dem lichtbringenden Heilkraut unsere Aufmerksamkeit zu schenken:
Inmitten der fünf goldgelben Blütenblätter wird der Fruchtknoten von bis zu 60 Staubblättern umrankt. Dieser Anblick hat bereits den Arzt und Kräuterheilkundigen Paracelsus dazu bewegt, das Johanniskraut mit der strahlenden und wärmenden Sonne in Verbindung zu bringen. Hält man die Blätter gegen das Licht, werden die zahlreichen „Tupfen“ sichtbar, die auch für den Beinamen „Tüpfel-Johanniskraut“ verantwortlich sind. Eine Legende besagt, dass der Teufel selbst so zornig über die Heilkraft des Johanniskrauts war, dass er Löcher in die Blätter stach (vgl. Müller-Ebeling et al. 2011: 74). Ein wesentliches Merkmal des echten Johanniskrauts ist der rote Saft der hervortritt, wenn die Knospen zerdrückt werden. Dieser Saft wurde von den Heiden als Blut des Sonnengottes Baldur angesehen, der sich zur Sommersonnenwende der Erde opferte. Mit dem Christentum wurde der rote Saft zum Blut des geköpften Johannes des Täufers (vgl. ebd.). Doch in der Literatur finden sich auch andere Geschichten und Legenden über das Johanniskraut. So wird an einer Stelle von einem Jäger erzählt, der den Hirsch mit seinem Pfeil verfehlte und stattdessen eine Elfe traf. Das Blut der Elfe tropfte auf eine gelbe Blume, die der Menschheit fortan bei der Heilung von Wunden behilflich war (vgl. Bader 2003: 104).

Johanniskraut @thinkstockphotos

Welcher Geschichte man auch Glauben schenken mag, die Verbindung zwischen dem roten Saft des Krautes und menschlichem Blut ist wiederkehrend. In der Heilkunde des Paracelsus wird der rote Saft dem Planeten Mars zugeschrieben und so das Johanniskraut zu einem wichtigen wundheilendem Kraut. Doch nicht nur in der traditionellen Medizin wurde das Johanniskraut zur Wundheilung eingesetzt. Das beliebte Johanniskraut-Rotöl, das aus den Blütenknospen gewonnen wird, wird auch heute noch zur Wundheilung auf die Haut aufgetragen, da ihm wundschlussfördernde und entzündungswidrige Eigenschaften nachgesagt werden. Doch auch bei Muskel- und Gelenksschmerzen, sowie Nervenentzündungen, Hexenschuss und Ischias kommt das Öl zum Einsatz. In der Frauenheilkunde wird das Öl von Hebammen sogar für die Dammpflege zur Geburtsvorbereitung empfohlen (vgl. Madejsky 2010: 135). Es wird jedoch stets davor gewarnt, sich während der (äußerlichen oder innerlichen) Anwendung von Johanniskraut direktem Sonnenlicht auszusetzen, da das Kraut phototoxisch wirkt und Hautirritationen hervorrufen kann. Diese Verbindung zur Sonne findet sich aber auch in der Heilwirkung des Krautes wieder. Vor allem in Bezug auf eine innerliche Anwendung, oder Räucherungen wird das Johanniskraut vielerorts als jenes Heilkraut bezeichnet, das die Sonne in die „finstersten Winkel der Seele“ (Müller-Ebeling et al. 2011: 63) bringt. So wird das Johanniskraut zu jenem Kraut, das Melancholie, Ängste und auch Depressionen in der dunklen Jahreszeit, mit seinem Licht bekämpft. Die Aufgabe des Johanniskrautes ist es, „die Seele zu erwärmen und Krankheiten zu ‚durchlichten’“ (Madejsky 2010: 135). Dies hat sogar die Schulmedizin erkannt und empfiehlt bei depressiven Verstimmungen in der dunklen Jahreszeit zur Stimmungsaufhellung die Einnahme von Johanniskraut-Dragees. Es scheint demnach kein Zufall zu sein, dass gerade dann, wenn die Tage wieder kürzer werden, ein Kraut zu blühen beginnt, das uns Licht und Wärme schenkt und uns mit Wärme und Schutz in die dunkle Hälfte des Jahres begleitet.
Johanniskraut @thinkstockphotos

Bis in den August haben wir nun Zeit das Johanniskraut zu ernten und uns mit seinen Heileigenschaften zu versorgen. Für das Rotöl werden die Blütenknospen geerntet, für Tee- oder Räuchermischungen das gesamte oberirdische Kraut. Wer möchte kann sich an so manche traditionelle Ernte-Empfehlungen halten und das Johanniskraut bei „Sonnenaufgang, der Sonne zugewendet, in der Morgendämmerung“ (Müller-Ebeling et al. 2011: 64) ernten und darauf achten, dass der zunehmende Mond im Zeichen des Löwen steht (vgl. Madejsky 2010: 136).

Text: Mag. Lena Weiderbauer

Literatur:
BADER, Marlies. 2003. Räuchern mit heimischen Kräutern. Anwendung, Wirkung und Rituale im Jahreskreis. Goldmann Verlag.
MADEJSKY, Margret. 2010. Lexikon der Frauenkräuter. Inhaltsstoffe, Wirkungen, Signaturen und Anwendungen. AT Verlag.
MÜLLER-EBELING, Claudia/RÄTSCH, Christian/STORL, Wolf-Dieter. 2011. Hexenmedizin. Die Wiederentdeckung einer verbotenen Heilkunst Schamanische Traditionen in Europa. AT Verlag.

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